Donnerstag, 22. März 2012

Wege aus der Beschleunigungsfalle - Das Burn-out in Unternehmen...vom Heinz Léon Wyssling

Wenn nicht nur der Einzelne sondern das ganze Unternehmen den Blues hat, dann sitzt
das 
Unternehmen in der Beschleunigungsfalle. Das Burn-out gibt es nicht nur beim einzelnen Mitarbeiter, es kann auch Teams oder ganze Organisationen erfassen.



Wenn Manager sich vom Markt unter Druck gesetzt fühlen, halsen Sie dem Unternehmen häufig mehr auf, als diese vertragen:
Die Zahl der Projekte steigt, die Leistungsvorgaben werden erhöht und Innovationszyklen verkürzt. Eine Zeitlang mag das funktionieren, aber wenn das rasante Tempo zum Normalzustand wird, führt es zu chronischer Überlastung aller Beteiligten. Die Folgen sind demotivierte Mitarbeitende. 
Eine zu hohe Drehzahl - ständig im roten Bereich - führt nicht nur beim Einzelnen zum Burn-out sondern kann das ganze Unternehmen treffen. 
Eine Untersuchung 2009 von 92 Unternehmen in Deutschland  hat gezeigt, dass die Hälfte in die Beschleunigungsfalle geraten ist - und die meisten sich dessen gar nicht bewusst waren. Das ständige Auf-Achse-Sein führt dazu, nicht mehr zur Ruhe zu kommen. Das System kollabiert und die Entscheidungsfähigkeit des Managements nimmt ab.

Ist Ihr Unternehmen Burn-out gefährdet?

Bei den in der Beschleunigungsfalle gefangenen Unternehmen sagten 60% der Mitarbeitenden, dass sie nicht ausreichend Ressourcen für Ihre Arbeit zur Verfügung hätten - bei Unternehmen die nicht von diesem Phänomen betroffen sind, sind es nur 2%. Ein ähnliches Bild ergab sich bei Aussagen:

«Ich arbeite ständig unter erhöhtem Zeitdruck» (80% zu 4%) und «Die Prioritäten ändern sich häufig» (75% zu 1%). Regelmässige Erholungspausen werden in überlasteten Unternehmen (86% zu 6%) vermisst. 
In die Beschleunigungsfalle geraten Unternehmen nach einem rasanten Boom, wie zum Beispiel ABB nach dem Zusammenschluss  der schwedischen ASEA und der schweizerischen Brown Boveri.

Durch Zukauf von 55 Unternehmen wurde ein exorbitantes Wachstum generiert, was zum Teil dazu führte, dass in den einzelnen Konzernbereichen die linke Hand nicht mehr wusste was die rechte tat und die ABB-Verkäufer, in den verschiedenen Länder, in Sparten und Bereichen organisiert, um die gleichen Kunden konkurrierten und sich gegenseitig kannibalisierten. Mit der Folge, dass sich die Kunden verärgert abwandten und bei der Konkurrenz bestellten.

Erste Symptome des Organizational Burn-Out (nach G. Greve): 

Unsicherheit in der Marktakzeptanz mit Umsatzrückgang: Umsatzrückgang bedeutet Unsicherheit, mit der Folge, dass die Vertriebsintensität erhöht wird ohne vorherige, vertiefte Situationsanalyse.


Übersteigerter Qualitätsanspruch: Wann ist gut gut genug? In Institutionen des Service-Public wird, da der Markt und damit die Preis-Absatz-Funktion fehlt, eine immer höhere Qualität gefordert, ohne final zu bestimmen, welche Qualität überhaupt hinreichend ist.
Unrealistische Leistungsvorgaben: Insbesondere in Organisationen die eine steile Hierarchie haben - wie sie in Service-Public- Institutionen die Regel sind, verstärken sich die Leistungsvorgaben.
Unspezifische Ziele und fehlende Konkretisierung: Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg (Laotse). Unpräzise Ziele führen zu einer Fehlallokation der Ressourcen. Die Motivation leidet und der Energieeinsatz bleibt enttäuschend.
Wertearmut des Unternehmens - mangelnde Sinnhaftigkeit: Der Zweck des Unternehmens kann nicht nur darin bestehen, möglichst viel Geld zu verdienen. Peter Drucker sagt, der Zweck eines Unternehmens ist den Kunden glücklich zu machen. Das Unternehmen braucht eine moralisch-ethische Antwort. Die «Gier des Money-Makings», die zur Finanzkrise geführt hat und vor allem bei der Investmentbank «Lehman Brothers zum Kollaps führte, ist ein Ausdruck davon. Wenn Unternehmen und damit verbunden die Mitarbeitenden auf dem Ozean der Sinnlosigkeit hin und her treiben, dann fehlen ethische Zielvorgaben. Die Identifikation mit der Firma nimmt ab.
Hohe Fluktuation und wenig aktive Bewerbungen: Ausdruck davon ist, wenn die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden erst bei der Kündigung steigt und sie nur als Kostenstellen, nicht jedoch als «human capital» gesehen werden. Fehlende Initiativbewerbungen sind ein Frühindikator für Imageverlust.
Isolation der mittleren Führungsebene zwischen oben und unten: Von der mittleren Führungsebene wird erwartet die Strategie des Unternehmens aktiv umzusetzen und überzeugend zu kommunizieren. Die Realität ist jedoch, dass sie in die Entwicklung der Strategie nicht einbezogen ist. Die Kultur ist geprägt durch Zynismus, hohe Fluktuation und einem nicht mehr zuhören können. Die Beschäftigten wie auch das Unternehmen verlieren dabei die klare Ausrichtung. Bei fehlender klaren Ausrichtung verhält sich das Unternehmen wie ein Schiff das ohne Navigation , bei diffuser Sicht, den Zielhafen sucht. Innovationen, auch im Kleinen, finden nicht mehr statt.
Ergebnisdruck von Kunden, Eigentümer oder der Öffentlichkeit: Bei börsenkotierten Unternehmungen besteht die Gefahr, dass unrealistische Returns-on-Equity verlangt werden. Eine Kurspflege, koste es was es wolle, mit Kosten runter und Gewinne rauf, lässt den Erwartungsdruck und die Versagensängste wachsen. Unüberlegte Hektik, Hypermotorik und Fehler sind die Folge.
Angst vor Verlust des Vertrauens des Kapital- und Absatzmarktes: Das Vertrauen zu Marken und Organisationen (intern und extern), entwickelt sich in einem langwierigen Prozess. Der Vertrauensbruch hingegen kann sich in einer einzigen Handlung vollziehen. Die UBS als exemplarisches Beispiel hat noch immer an der exorbitanten Spekulation des Investmentbankings und dem Versagen des ehemaligen Top-Kaders beim Risk-Management zu leiden.
Veränderungen im Dauerzustand: Das Change-Management mit aussergewöhnlichen Belastungen wird zum Dauerzustand. Bei fehlenden Erholungsphasen bewegt sich das Unternehmen ständig an der Auslastungsgrenze. Die Ressourcenübernutzung der Mitarbeitenden führt zur Demotivation. Der Mitarbeitende fühlt sich in einem latenten Erschöpfungszustand, mit leeren Batterien wie in einem Hamsterrad gefangen.
Erfolgsarroganz macht blind: Eine Unternehmung die über Jahre stets erfolgreich ist, läuft Gefahr, sich als unfehlbar zu halten und die vitalisierende Selbstregulation zu verlieren. Erfolg macht nicht nur angenehm träge, man braucht immer mehr Energie um  den gleichen Erfolg zu erzielen. Die Energiedosen müssen - ähnlich wie bei der Drogenabhängigkeit erhöht werden - um den Erfolgsrausch zu erleben. Alles läuft weiter wie bisher, nur die Outputs will der Markt - zunächst schleichend, dann immer deutlicher - in dieser Form nicht mehr. Nokia, der einst unbestrittene Marktleader bei den Mobilephones, läuft Gefahr in der Befriedigung der Kundenbedürfnisse den technologischen Anschluss zu verlieren und von dem Smartphones aus Amerika und Asien überrollt zu werden.

Gibt es eine Lösung?

Um ein Unternehmen aus der Falle zum Organizational Burn-out  herauszuführen, sind folgende Massnahmen möglich:
Stabilisierung durch Wachstum: Einen konsequenten Wachstumskurs gehen, heisst unnötige Arbeits- und Projektgruppen, die nur zur Verbesserung von internen Prozessen dienen, aufzulösen und die freiwerdenden Ressourcen für Marktbearbeitung und Innovationen verwenden. Die Anzahl der Projekte muss heruntergefahren, weniger wichtige Projekte gestrichen und eine Kommunikation mit emotionaler Ansprache implementiert werden.
Projekt streichen, Innovationsinitiative aufbauen: Anstatt die Mitarbeitenden nach neuen Initiativen zu fragen, können sie eingeladen werden, sich zu überlegen, welche Initiativen sie streichen würden. Die zentrale Frage ist dabei: «Welche unserer Projekte würden wir auch heute noch anstossen, wenn sie nicht schon laufen würden»? «Welche Projekte haben strategische Bedeutung und haben geholfen, dass Unternehmen klar auszurichten, Erfolgspositionen aufzubauen»?
Strategie klar kommunizieren: Das Streichkonzert erfordert vom CEO Mut und Durchsetzungsvermögen und ein verständlich machen der Strategie auf allen Führungsebenen, damit die Projekte auch auf die Kongruenz zur Strategie überprüft werden können.
Stressphase offiziell beenden: Wenn die Beschleunigungsphase nicht allein durch zu viele Projekte sondern vor allem durch ständige Unruhe zustande kommt, kann der CEO das Unternehmen befreien, indem er durch sein Wort, bildlich gesprochen mit einem Tankstellen-Stopp der aktuellen Veränderung ein Ende setzt.
Neue Projekte filtern: Projektmanagementsysteme auch zum filtern verwenden. Ressourcenbedarf, Projektführung klären. Projekte priorisieren und Platz schaffen. Regelmässige Streichrunden im Projektportfolio sowie das Festlegen einer Obergrenze für Unternehmensziele um die gewünschte Entlastung zu erreichen. Das kann bedeuten nur drei, dafür jedoch wettbewerbsfähige Ziele/Projekte verfolgen.
Die Vermeidung eines Ausufern des Projektportfolio ist das eine, um jedoch die Entschleunigung zu erreichen, muss sich die Unternehmenskultur ändern.
Eines nach dem andern: Eine bestimmte Wachstumsphase kann dazu führen, dass im Unternehmen alle Kräfte auf die Erreichung dieses Ziel ausgerichtet werden müssen, zum Beispiel bei einem Markteintritt ausserhalb der bisherigen Region. Eine Projektsperre kann helfen, diese Aufgabe zu bewältigen.
Verschnaufpause einlegen: Bei den 92 untersuchten, deutschen Unternehmungen, steckten 46 in der Beschleunigungsfalle. 86% der betroffenen Mitarbeitenden beklagten sich das sie zu wenig Zeit hätten um nachzudenken und sich nach Stressphasen zu erholen. Werden Pausen als störende Unterbrechungen betrachtet, dann provoziert man die Mitarbeitenden nicht nur in ein Burn-out hinein, sondern man behindert Kreativität. Kreativität entsteht in aller Regel nicht in einem Zustand von Druck und Stress, sondern setzt ein gewisses Mass an Entspannung und Gelassenheit voraus.
Einen Gang zurückschalten: Ein regelmässiger und bewusst strukturierter Rhythmus zwischen Hochleistungs- und Erholungsphasen, wie es zum Beispiel der Gehörgerätehersteller Sonova macht, um wieder Energie tanken und die Batterien aufladen zu können, führt in  diesem Konzern dazu, dass sie nicht nur aussergewöhnliche Innovationen schaffen sondern auch 2008/2009 mit 8% Wachstum deutlich besser abschnitten als die Konkurrenz.
Erfolge geniessen: Erfolge und aussergewöhnliche Anstrengungen verdienen Anerkennung und können im Rahmen einer kleinen Feier institutionalisiert werden.
Mit gutem Beispiel vorangehen: Ein Rückzug auf die grüne Wiese zum nachdenken kann helfen in Ruhe und ohne die täglichen Störungen, Ideen durchzuarbeiten und Energien zu tanken. Bill Gates macht dies mit zwei jährlichen Denkwochen. Dieser passagere Rückzug zum Denken ist zwischenzeitlich fester Bestandteil der Microsoft-Kultur geworden.
Feedbacksysteme einsetzen: Beim monatlichen Feedback zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden wird unter anderem auch darauf geachtet, ob sich die Mitarbeitenden ausreichend erholen,  also eine Balance haben zwischen Anspannung und Entspannung.

Fazit:

Der strategische Umgang mit Burn-out ist Chefsache. 
Zentral ist die Strukturen, Funktionen und Aufgaben so zu gestalten und zu optimieren, dass Erschöpfung vermieden oder zumindest rechtzeitig erkannt wird. Wenn Mitarbeitende als das grösste Kapital bezeichnet wird, dann darf es nicht verbrannt werden.
Gnadenlose Beschleunigung führt zu Orientierungslosigkeit, einer unkontrollierten Flut von Aktivitäten und «Burn-out» für Alle.
Eine heissgelaufenen Organisation entwickelt sich wie eine verengende Spirale, die vom hektischen Aktionismus zu Chaos führt und letztendlich einen Tunnelblick zur Folge hat. Der Kopf ist nicht mehr frei, das Denken wird verengt. 
Stressbedingte Fehlzeiten beliefen sich in Deutschland 2009 auf 262 Milliarden Euro. In der Schweiz belaufen sich die stressbedingten Kosten 4 Milliarden Franken (SECO 2011).
Nachhaltiger und auch profitabler in Bezug auf Produktivität und finanziellem Gewinn ist es deshalb, das Unternehmen langfristig auf einem tragfähigen Energie-niveau zu halten.
Nur wenn die Mitarbeitenden und die Organisation gesund sind, können Wertschöpfung und Profitabilität wachsen.
Gesundheit ist ein strategischer Wirtschaftsfaktor. 
Das reine Effizienzdenken führt in den Blues, zuerst bei den Mitarbeitenden, dann bei den Teams und erfasst am Schluss das ganze Unternehmen. 
Ein Business-Coaching kann das Management bei einer Gefährdung zum Organizational Burn-out unterstützen um aus der Beschleunigungsfalle herauszukommen.
Empfehlung von Business Doctors: www.Business-doctors.at 
Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist über 



Wichtiger Hinweis: 
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